Ohne Veränderungsbereitschaft kein Erfolg
Veränderung ist der Schlüssel – ob im Leistungssport oder in der deutschen Wirtschaft. Erwin Staudt über Veränderungsbereitschaft als Führungsaufgabe und die Vorteile des Traineeprogramms der Initiative Deutschland baut! e.V.
Offenbach am Main, Beim diesjährigen Interessententag der Initiative Deutschland baut! e.V. in Offenbach am Main sprach Erwin Staudt, ehemaliger Geschäftsführer von IBM Deutschland und früherer Präsident des VfB Stuttgart, über Veränderungsbereitschaft als Überlebensfaktor. Obwohl der charismatische Manager aus dem Ländle mit der IT-Branche als fest verwurzelt gilt, ist ihm auch das Bauen nicht fremd: Denn die Mercedes Benz Arena, Heimstadion des VfB Stuttgart, die 2011 als reines Fußballstadion erfolgreich fertiggestellt wurde, trägt ganz klar die Handschrift der Staudt-Ära.
Richtig führen und kommunizieren
Die Karriere von Erwin Staudt ist geprägt von der ständigen Bereitschaft zur Veränderung, die, glaubt man seinen Erfahrungsschatz, insbesondere in disruptiven Zeiten wie heute, unabdingbar wichtig geworden ist. Ein Blick in die deutsche Industrie zeigt, dass hier dringend Handlungsbedarf besteht, denn zwei Drittel aller Veränderungsprojekte innerhalb der Bundesrepublik scheitern derzeit. Als Gründe nennt er in der Regel Fehler in der Führung. Meist werden diese in der Kommunikation begangen, denn weder werden Mitarbeiter frühzeitig über Veränderungsprozesse informiert, noch nehmen Chefs ihre Belegschaft mit auf den neuen Weg. Die Folge: Mitarbeiter sind nicht in der Lage, die erforderliche Neugier für Veränderungen zu entwickeln. Und insbesondere diese ist wichtig, weiß der Experte. Denn es ist die Neugier, die stets die Stärke der deutschen Wirtschaft ausgemacht hat.
Jetzt in neue Technologien investieren
Staudt betonte, dass ein Unternehmen nur dann weltweit erfolgreich sein kann, wenn es bereit ist, sich kontinuierlich zu verändern. Das bedeutet auch, einen Schritt vom reinen Business-to-Business-Geschäft (B2B) hinein in die Business-to-Consumer-Welt (B2C) zu gehen. Als die besten Beispiele hierfür nennt er die so genannten „Big 5“: Das sind Apple, Google, Facebook, Amazon und Microsoft. Allesamt US-amerikanische Konzerne, die sich rasant entwickelt haben und mit anderen Firmen nicht mehr zu vergleichen sind. Google beispielsweise erwirtschaftete im Jahr 2005 einen Umsatz von 35 Millionen Euro. 25 Jahre später liegt der Umsatz des Konzerns bei 35 Milliarden. Apple setzt in jeder Minute 326.000 US-Dollar um. Nur ein einziger dieser Big 5 übertrumpft alle DAX-Unternehmen zusammen und wäre ohne Schwierigkeiten in der Lage, sich eine Bank, einen deutschen Automobilkonzern, eine Versicherung oder weitere Unternehmen zu kaufen – und das einfach so. Umso mehr sind europäische Unternehmen heute gefordert, mit den Vereinigten Staaten und diesen Unternehmen in den Wettbewerb zu treten. Die Voraussetzungen dafür bringt die deutsche Industrie auf alle Fälle mit, davon ist Erwin Staudt überzeugt. Denn in den entscheidenden modernen Technologien, wie 3D, Lasertechnologie oder Robotik, nehmen wir in Deutschland bereits eine führende Marktposition ein. Entscheidend ist, zum richtigen Zeitpunkt, nämlich jetzt, in neue Technologien zu investieren.
IT ist größter Veränderungstreiber
Neue Technologien sind der Schlüssel, um etwas Neues zu entwickeln, dem es – genauso wie auch Apple-Produkten – gelingt, in die B2C-Welt vorzudringen. Denn neben den bekannten Veränderungstreibern, Verknappung der Ressourcen und Komplexität, gilt die Informationstechnologie als weltweit größter Auslöser für Veränderungen. Staudt begründet dies darin, dass heute niemand abschätzen kann, wo die derzeit exponentiell nach oben schnellende Entwicklung der IT irgendwann einmal enden wird.
Big Data als Zukunftstechnologie
Als einen der entscheidenden Faktoren der heutigen Zeit sieht Staudt Big Data. Die sorgfältige Analyse der riesigen Datenmengen kann eine erfolgreiche vorbeugende Wartung, etwa im Automobilsektor, möglich machen. Dafür ist es zwingend erforderlich, in flächendeckendes Breitband-Internet sowie Satelliten- und WLAN-Technologie zu investieren. Die nächsten Schritte sollten sein, jetzt schon an Geschwindigkeiten von Tausend MBit/Sekunde zu denken, mit dem Ziel, Produkte nachhaltig mit Hilfe von Datennutzung zu verbessern. Dessen ist sich Staudt sicher. Darin sieht er ein Wertschöpfungsvolumen von 80 Milliarden Euro. Als weitere entscheidende Felder für die weltweite Industrie nennt der ehemalige Top-Manager mobile Lösungen, Cloud-Technologie sowie IT-Security.
Traineeprogramm von Deutschland baut! ist vorbildlich
Wie schafft es ein Unternehmen, in diese Sphären vorzudringen? Dafür sollte es zunächst einmal bereit sein, etwas Gewohntes über Bord zu werfen und etwas komplett Neues zu machen. Dinge mutig anpacken ist die Devise. Ein Weg, der sich nur gemeinsam mit Mitarbeitern gehen lässt, die selbst die Verantwortung für vielseitige Aufgaben und Prozesse tragen. Ebenfalls unausweichlich, um mit Veränderungen auch in der Zukunft erfolgreich zu sein, sind junge Menschen. Aus dem Leistungssport, insbesondere aus dem Fußball, nannte Erwin Staudt zahlreiche Beispiele vor allem im Ausland, bei denen die Nachwuchsförderung vernachlässigt wurde und man lediglich auf eingekaufte, internationale Spitzenstars setzte. Nachwuchsspieler aus dem eigenen Land? Fehlanzeige! Das gleiche gilt selbstverständlich auch für Unternehmen. Aus diesem Grund sieht der IT-Experte Aus- und Weiterbildung als etwas Essenzielles an. „Das Traineeprogramm von Deutschland baut! setzt genau an dieser wichtigen Stelle an und ist daher vorbildlich“, erklärte Staudt.
Veränderungsbereitschaft als Führungsaufgabe
Alles in allem ist es Chefsache, ob einem Unternehmen die heutzutage so wichtigen Veränderungsprozesse gelingen, sodass es heute und in Zukunft erfolgreich ist. Zunächst einmal müssen Führungskräfte in der Lage sein, zu erkennen, dass Veränderungszyklen immer kürzer werden. Diese lassen sich grundsätzlich nur bei einem durchweg positiven Ansatz bewältigen, bei dem die Mitarbeiter den Weg stets aktiv mitgehen. Weiter müssen Trends erkannt und zugleich beeinflusst werden. Wirklich stark ist ein Unternehmen nur, indem es die Erwartungen seiner Kunden nicht nur erfüllt, sondern in der Lage ist, diese sogar zu übertreffen. Globales Denken und eine globale Integration sind darüber hinaus vonnöten, um Veränderungen zu meistern. „Die erfolgreichsten Führungskräfte und Unternehmen sind von Natur aus revolutionär“, erklärt Staudt. Sie sind in der Lage, Geschäftsmodelle, die nicht funktionieren, sofort zu erkennen, stellen diese in Frage und machen etwas Neues. Wenn ein Trainee bei einem Mitgliedsunternehmen von Deutschland baut! dies tut, so sollten die Vorgesetzten diese Ideen sehr genau prüfen und im positiven Fall keine Kosten und Mühen scheuen, diese auch umzusetzen.