„Wir brauchen Feedback aus der Industrie“

Die Initiative Deutschland baut! e.V. bietet ihren Mitgliedsunternehmen in jedem Jahr die Möglichkeit, bei den baupolitischen Gesprächen in Berlin mit Politikerinnen und Politikern in den Dialog zu treten. Im Mai ist es wieder so weit. Dabei im vergangenen Jahr war unter anderem Ulrich Lange MdB, stellvertretender Vorsitzender der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion.

Ulrich Lange MdB, seit 2018 stellvertretender Vorsitzender der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion, stand den Mitgliedsunternehmen von Deutschland baut! e.V. im Dezember 2022 im Rahmen der zweiten baupolitischen Gespräche in der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft Rede und Antwort. Die Kernthemen des Rechtsanwalts sind Verkehr, Bau und Infrastruktur. Warum der Austausch zwischen Gesetzgeber und Vertretern der Wertschöpfungskette Bau so wichtig ist und welche konkreten Anreize die Branche für die Jugend schaffen kann, um sie heute und in Zukunft für das Bauen zu begeistern, erzählte er im Gespräch mit der Initiative.

Deutschland baut! e.V.: Herr Lange, wie gefällt Ihnen die Initiative Deutschland baut e.V.? Und warum müssen Politik und Wirtschaft unbedingt miteinander sprechen?

Ulrich Lange MdB: Der Austausch mit Unternehmensvertretern ist für unsere politische Arbeit immens wichtig. Nur wenn wir immer wieder Einblicke in die tägliche Praxis und die Herausforderungen der Unternehmen bekommen, die entlang der Wertschöpfungskette Bau tätig sind, können wir auch geeignete Gesetze und Lösungen auf den Weg bringen. Das ist letztlich eine wichtige Voraussetzung dafür, dass wir eine starke Bauwirtschaft haben.

Deutschland baut! e.V.: Können Sie uns ein Beispiel nennen?

Ulrich Lange MdB: Nehmen wir die Planungsbeschleunigung. Wir brauchen dringend noch mehr Ansätze, wie wir diese voranbringen können. Wir haben zwar in den vergangenen Wahlperioden schon viele Maßnahmen auf den Weg gebracht, wir brauchen aber noch weitere. Ich denke zum Beispiel an eine gesetzliche Stichtagsregelung mit Standardfristen für Einsprüche und eine verbindliche Höchstdauer von Genehmigungsverfahren. Außerdem brauchen wir zusätzliche Fachkräfte in den Behörden und Gerichten. Personal fehlt leider überall. Erschwerend kommt hinzu, dass jedes unserer 16 Bundesländer eine eigene Bauordnung hat. Mehr Einheitlichkeit könnte hier vieles vereinfachen. Auch in der Digitalisierung des Bauens liegt großes Potential. Klar ist aber: Welche Ansätze für die Praxis sinnvoll sind, sollten wir auch im intensiven Austausch mit den Planenden und Bauenden erörtern. Veranstaltungen wie die baupolitischen Gespräche von Deutschland baut! e.V. bieten uns hier eine gute Möglichkeit.

Deutschland baut! e.V.: Sie erwähnten das Thema Fachkräftemangel, dem Deutschland baut! e.V. beispielsweise mit seinem Traineeprogramm entgegenwirken möchte. Dabei durchlaufen Hochschulabsolventen in 18 Monaten drei Stationen bei drei Mitgliedsunternehmen der Initiative. Was ist Ihrer Ansicht nach wichtig, um jungen Menschen, egal ob mit Ingenieurstudium oder mit dem Ziel, eine Ausbildung zu absolvieren, die Attraktivität der Branche zu veranschaulichen?

Ulrich Lange MdB: Wir müssen jungen Menschen aufzeigen, wie spannend und abwechslungsreich Arbeit auf Baustellen heutzutage sein kann. Digitalisierung, 3D-Druck, der Einsatz von Robotik und viele weitere Innovationen machen Bauprojekte von heute interessant. Auch die Berufsverbände sind gefragt, mit Imagekampagnen um junge Leute zu werben. Da gibt es auch bereits sehr schöne Beispiele. Auch Vorbilder sind meines Erachtens gute Motivatoren. Als ich die Betonbauer im Leistungszentrum der Bauinnung Donau-Ries besuchte, die bei den Europameisterschaften 2021 den Vizemeistertitel errungen haben, war deutlich zu spüren, welchen Spaß diese jungen Menschen beim Bauen hatten. Das ist ein weiterer, wichtiger Aspekt, den wir nicht außer Acht lassen dürfen: Bauen muss Freude machen! Es macht doch stolz und zufrieden, wenn man mit eigenen Händen etwas bleibendes geschaffen hat und es am Ende bestaunen kann. Das ist ja nicht in jedem Job der Fall.

Deutschland baut! e.V.: „Jeder Baustoff hat seine Berechtigung.“ Mit dieser Aussage haben Sie im Dezember in Berlin viel Beifall von den Mitgliedsunternehmen von Deutschland baut! e.V. erhalten. Ist das so? Insbesondere in Zeiten, in denen wir vor allem nachhaltig bauen sollten?

Ulrich Lange MdB: Nachhaltiges Bauen hat zweifelsfrei eine sehr hohe Relevanz. Dabei müssen wir aber abwägen: muss beispielsweise wirklich immer der Höchststandard in punkto Energieeffizienz erreicht werden, ohne Rücksicht auf Kosten und Ressourcen? Oder genügt auch beispielsweise der bereits sehr gute EH-55-Standard bei der Sanierung einer Bestandsimmobilie?

Bei den Baustoffen sollten wir offen sein und nichts ausschließen, gerade in den Zeiten von knappem Material. Nehmen Sie zum Beispiel Holz: Bauen mit Holz kann zweifellos zum nachhaltigen Bauen beitragen. Aber nicht überall ist Holz geeignet, und es muss auch sichergestellt sein, dass das Holz auch nachhaltiger Bewirtschaftung kommt. Aber auch mineralische heimische Rohstoffe haben großes Potential. Beton wird noch langfristig eine große Rolle spielen, trotz seiner schwierigen Klimabilanz. Hier müssen wir technische Innovationen voranbringen, um den CO2-Ausstoß in die Atmosphäre deutlich reduzieren. Insbesondere die Wiederverwertbarkeit von Baustoffen zur Schonung von Umwelt und Ressourcen ist ein zentrales Thema für die nächsten Legislaturperioden. Auch all das sind Fragen, die wir unbedingt gemeinsam mit den Vertretern der Wertschöpfungskette erörtern sollten. Ich freue mich, wenn die Initiative im Mai wieder nach Berlin kommt, um diese und weitere wichtige Punkte mit uns zu diskutieren.

Deutschland baut! e.V.: Herr Lange, vielen Dank für das Gespräch.

Ulrich Lange MdB, seit 2018 stellvertretender Vorsitzender der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion.

Foto: Studio Herzig

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